Donnerstag, 14. Juli 2011

Lebenszeichen

Hallo Blog, bist du etwas vernachlässigt? Nun, zunächst habe ich jetzt wieder Terry zur Gesellschaft, da schreibt man nicht so gerne, zum anderen gibt es schlechte Nachrichten aus der Heimat, finanzieller Natur. Eventuell ist die Reise schneller vorbei als geplant.
Inzwischen sind wir in Kathmandu und wenn es einer bestimmten Niederschlagsmenge bedarf, um Regen als Monsun einzustufen, so erfüllt das Gepladder vor dem Fenster diese Anforderung mühelos. Zeit, zurückzudenken.
Von Chandigarh führt eine gerade, mehrspurige Straße fast wie eine Autobahn nach Delhi. Es wäre ein langweiliger Ritt, wäre man nicht mit Indern unterwegs. Man kann sagen, dass sie eigentlich, mit einigen beeindruckenden Ausnahmen, nicht agressiv fahren. Sie fahren bescheuert! Dabei bleiben sie jedoch gelassen. Und schubsen dich voller Langmut von der Fahrbahn, schneiden, blockieren, hupen. Sie halten unvermittelt auf offener Strecke, weil sie einen Getränkestand entdeckt haben, gerne zu mehreren nebeneinander, kommen dir als Geisterfahrer entgegen und sind dabei durchaus frei in der Spurwahl und legen generell einen Mangel an Mit- und Vorausdenken an den Tag, der jeden berliner Verkehrsteilnehmer vor Neid erblassen lässt. Vorfahrtsregeln scheint es eher nicht zu geben, wer eine Lücke im fließenden Verkehr entdeckt, groß genug um seine Schnauze hineinzurammen, der wird das tun, um sich dann in weiter Schleife über sämtliche Fahrbahnen in den Verkehr einzugliedern. Sollen die hinten doch sehen, wie sie drum herum kommen. Konsequenterweise haben viele Fahrzeuge die Rückspiegel angeklappt oder gleich abgeschraubt. Man will doch gar nicht sehen, wie knapp das wieder war. Trotzdem kommt man vergleichsweise flott nach Delhi.

Und hier setzte die Schreibunlust für die letzten 3 Wochen wieder ein - da hilft nur eine Radikalkur. Die gabs heute: Kuta, Bali, Badeparadies der Kängurus. Nach gut 24 Stunden unterwegs von Kathmandu treibt mich der Hunger, einer Lonely Planet Empfehlung zu folgen. Aufs Handy habe ich mir zum Lesen die neueste Ausgabe der Zeit gepackt und der Kontrast aus feinsinnig intellektuellem Feuilleton und der Umgebung eines australischen Wasserlochs dehnt das Rezeptionsvermögen so über alle Maße, dass man nur über das Ventil des Beschreibens den Verstand behalten kann: Die lieblos zusammengenagelte Riesenbude ist weiß gestrichen, seit sich Energiesparlampen durchgesetzt haben, ist die Beleuchtung alles andere als anheimelnd, kühl neonröhrig, und um den Effekt zu verstärken, hat man großzügig Dosen mit kaltblauer Sprühfarbe zur Explosion gebracht. Einheimische Mädchen in kurzen Röcken sind nett zu älteren Männern. Es gibt auch nette ältere Damen, die sich um jüngere Männer kümmern würden. Im Neonlicht schwitzt die teils krebsrote, teils käsige, Schafszüchter- und Hey-Mate Besucherschaft samt Familienanhang. Alle gewandet in Shorts, Riemensandalen und armlose Shirts deren große Ausschnitte gute Belüftung von schwitzenden Achsel- und Brusthaarbüscheln zulassen. Im Schlepptau die blondierte Gattin sowie das Jungvieh, der Jungbulle, über beide Arme tätowiert hat schwarz lackierte Zehennägel und auch die restliche Familie glänzt untenrum gruftimäßig schwarz aus der Treckingadilette. Da wars wohl nach dem Nachmittagsbierchen etwas langweilig. Lautstarke Begrüßung als gälte es alleine durch Gebrüll eine Kuh umzuschmeißen. Dass der Lonely Planet diese Bude toll findet sagt so viel mehr über seine Autoren als über die Restauration. Und ich habe die Hoffnung, dass ich jetzt genug gesehen habe, um mir Australien ein für alle Mal schenken zu können.
Eigentlich wollte ich jetzt in China sein, der Ärger zu Hause verhindert das und verkürzt die Reise. Da verbringe ich den Rest doch lieber am Meer und in der Sonne. Hier ist derzeit die einzige monsunfreie Zone Asiens. Unten am Strand dagegen, dem bekannten mit den tollen Surfwellen ist niemand. Diese merkwürdige Jugend hilft ja lieber der älteren Generation, Bierdosen in Leichenhallen zu killen.

Sonst so, im Schnelldurchlauf: Agra, das Taj Mahal, hübsch. Inder fünfzig Rupies Eintritt, Ausländer siebenhundertfünfzig. Der Duty-Free Delhi: einladend. Die Taxifahrt dort hin: also eigentlich müsste Force India die Formel Eins aufrollen, sie müssten nur mal die eigenen Talente ans Steuer lassen. Nepal, hübsch. Es gibt Nashörner, weniger als vor der Zeit als die Maoisten für Gemetzel im Nationalpark sorgten und auch der Tiger hat es rechtzeitig ins Gebüsch geschafft. Regen gibt es in allen Geschmacksrichtungen und Dichten. Besonders schön, während man auf einem Elefanten durchs Gestrüpp reitet. Die Holzschnitzereien an den Tempeln Kathmandus sind so eine Art mittelalterliches Internet, das ja auch zu weiten Teilen aus XXX-Inhalten besteht. Der Nepalese ist umgänglicher als der starrende Inder, neigt dafür in Kaufverhandlungen zu unverschämtesten Mondpreisen. Kulinarisch ist Kathmandu eine Wolke, besonders zu empfehlen: Killroys, Cuisine mit anständigen Weinen zu Imbisspreisen. Es gibt Bars mit Tanz und Duschen, und gar nicht so wenige. Hm. Terry ist via Moskau auf dem Heimweg.

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