Dienstag, 2. August 2011

Wrack

Das sind hier zwar die kleinen Sundainseln und auf einer Karte sehen sie winzig aus gegen Borneo oder Sumatra, trotzdem ist es eine stramme sechsundreißigstündige Tour, wieder nach Bali zurück zu kommen. Immer zwischen Fähre und Bus pendelnd, geht es die Nacht über durch Sumbawa. Im Abendlicht sieht es dort sehr schön und pitoresk aus, was aber auch recht arm bedeutet. Ich habe mich dagegen entschieden, weiter durch Flores zu kurven, da hier die Straßen noch schlimmer und die Touren endlos sind. Lieber noch etwas ausspannen. Außerdem möchte ich soviele Tage wie möglich in Indonesien herausquetschen und muss dafür das Visum verlängern. Das geht nur auf Bali. Gegen Abend des zweiten Tages sind wir wieder in Padangbai.
Ich habe keine Lust noch weiter zu touren und suche mir eine Unterkunft. Ich werde per Moped zu einem etwas entfernteren Haus gebracht, prima Zimmer, sauber, ruhig, kleiner Swimmingpool in einem balinesischen offenen Hof, Palmen und das Moped darf ich benutzen, wenn ich in den Ort will. Kostenpunkt zehn Euro. Man kann auf Bali viel Glück mit der Unterkunft haben.
Padangbai selbst ist allerdings nicht so der Brüller, es gibt einen winzigen Strand zum Schnocheln mit dem hochtrabenden Namen Blue Lagoon, der rührt wahrscheinlich von einem Tag, als besonders viele blaue Mülltüten angeschwemmt wurden. Ziemlich wellig dort und viel Abfall. Hindert allerdings die vielen typischen Familienurlauber nicht am herumpaddeln und sich auf dem kleinen Strandstück zu drängeln. Abends quatsche ich mit einem Tauchlehrer, er meint unter Wasser wäre es hier recht gut. Na vielleicht später mal. Ich bin neugieriger auf das Wrack aus dem zweiten Weltkrieg an der Ostküste in Tulamben und mache mich per Bemo, also ortsüblichem Minibus dorthin auf. Eine günstige Art voranzukommen, wenn man genug Bahasa kann um die Preise herunterzuhandeln. Allerdings muss man sich auf ein paar Schleifen einstellen, weil zum Beispiel ein fertig aufgespießtes Spanferkel irgendwo abgeholt und nach irgendwo anders gebracht werden muss. Macht aber nix, weil man so schön nah ans Dorfleben kommt und nebenbei die Aussicht auf Reisfelder, Palmen, das Meer, die ganze Schönheit Balis genießen kann. Die Ostseite Balis ist trockener und viel ist hier nicht los. Nur Tulamben ist ein Dorf, das zur Tauchbasis umgerüstet wurde. In jeder Garage steht ein Kompressor, werden Flaschen mit Druckluft befüllt. Alles, weil damals ein japanisches U-Boot einen Frachter angeschossen hatte, dieser sich auf den Strand rettete und später bei einem Ausbrauch des Gunung Agung, der hier das Panorama beherrscht, handliche fünfzig Meter ins Meer geschoben wurde.
Ich finde ein prima Zimmer und natürlich bietet der Vermieter auch Tauchen an. Das ist hier alles etwas rustikaler, die Flaschen und die Kunden werden per Moped zum jeweiligen Einstieg am Strand gefahren und dann kann man zusehen, wie man mit dem schweren Krempel über die Kieselsteine stolpert. Es ist unschlagbar billig, wofür man wiederrum in Kauf nimmt, dass der Computer des Diveguides (Modell Cousteau-antik) an einem Schnürsenkel hängt, weil das Armband weggerottet ist. Auch seine Tauchgangsplanung ist etwas eigenartig. Er ist nicht gerne so lange im Wasser weil er dann friert und geht daher sofort möglichst tief und bleibt dort, damit dem Kunden schneller die Luft ausgeht und man wieder raus kann. Wunderbarerweise bin ich hier viel besser mit dem Luftverbrauch und das führt uns leicht mal an die Grenzen unserer Bottomtime. (Wem sich die taucherische Logik nicht ganz erschließt - ich erklär das gerne nochmal ausführlich im Detail). Während mein Tauchcomputer schon aufgeregt von der Deko piepst, findet Cousteau, dass wir ruhig noch bleiben können.
Lohnend ist es allemal. Obwohl hier Taucherrushhour ist wenns durchs Wrack geht, gibt es erstaunlich viel Fisch, große Exemplare von Sweetlips, sehr große von Zackenbarschen, einen ebensolchen Barracuda, eine Menge buntes Kleinzeug, einen Leaffisch im immer gleichen Versteck und dazu die bizarren Strukturen des Wracks, bewachsen mit Schwämmen und Korallen und kaum noch als Schiff zu erkennen. Auch die umliegenden Divesites haben einiges zu bieten, eine Wall und einen Korallengarten, Putzergarnelen, eine prächtige Muräne in ein paar Autoreifen, bizarre Seewalzen und kleine Rochen.
Weil hier alles, was irgendwann mal einen Tauchschein gemacht hat, ins Wasser geschmissen wird, geht es lustig zu. Leute rudern wild mit den Armen um durchs Wrack zu manövrieren, signalisieren so hingebungsvoll dem Buddy, dass sie Kopf voran an den nächsten Eisenträger bumsen. Ich bin Wolf dankbar für unsere Übungen (ich sach nur "puke performance buoyancy"), hier komme ich damit auch durch die kleinen Lücken im ehemaligen Maschinenraum. Ein Pärchen ohne Tauchschein wird auch mitgenommen, ich höre mir eine Weile schaudernd an, wie ein indonesischer Divemaster mit nicht sattelfestem Englisch den beiden Franzosen mit noch schlingernderem Englischverständnis die Grundbegriffe des Tauchens erklärt. "Wie, du verstehst nicht, wie man die Maske ausbläst, egal, die ist eh ganz gut, die bleibt dicht". Ich freue mich, sie später wiederzusehen und rate ihnen, mal den Tauchschein bei einem französischsprachigen Lehrer zu machen. Sie sehen nicht ganz ein, warum, sie gehen doch so selten mal tauchen.
Fazit: schön da, aber man sollte selbst wissen, was man tut.
Inzwischen bin ich nach Sanur gefahren, hier um die Ecke ist das Immigrasi Office, man muss es nur erstmal finden. Dann den nötigen Papierkram beschaffen, Passkopie, Flugbestätigung, Formulare ausfüllen, in sieben Tagen wiederkommen zum Bezahlen und am Achten darf mans abholen. Hoffentlich klappt das alles. Ansonsten ist hier Rimini, muss ich nicht länger als nötig haben, daher werde ich mir ein Moped besorgen und durch die Gegend gondeln.

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