Samstag, 7. Mai 2011

Rasieren

Am Abend gönne ich mir einen Besuch beim Barbier, in Indien braucht man kein Rasierzeug. Man nimmt in einem der kleinen neonbeleuchteten Friseurläden auf einem ausgeleierten Sessel Platz. Der Meister sieht aus wie eine indische Version von Bud Spencer. Er seift mich lange und gründlich ein, dann wird eine frische Rasierklinge entzweigebrochen und in das altmodische Klapprasiermesser gespannt. Ganz wie zu Opas Zeiten. Wenn man es nicht gewohnt ist, hat die Prozedur einen gewissen Gruselfaktor. Das hier ist ein scharfes Messer, kein dreifachsupersicher Rasierer wie im Abendland. Wer wissen will, was ich meine, schaue sich den Anfang von "Mein Name ist Nobody" mit Buds Kumpel Terrence Hill an.
Hat andererseits den Vorteil, dass die Rasur so gründlich ist, wie man sie bei uns nicht hinbekommt. Es wird einmal grob rasiert, dann wechselt er noch einmal die Klinge und schabt die letzten Reste weg. Viel Alaunstein drauf, ob ich eine Gesichtsmassage haben wollte? Na gerne. Also wird das Gesicht mit etwas Weißem eingecremt, aus einer knallroten Tube wird das Ganze auf zartrosa umgefärbt mit Wasser bespritzt und dann gibts Watschen und Gerubbel im Gesicht. Dann holt er ein Mittelding aus Bohrmaschine und Vibrator mit einem großen Gumminapf, damit werden meine Gesichtszüge durchvibriert. Eine Gesichtsbehandlung hätte er noch anzubieten. Hier kommt mir die indische Geste für Ja ins Gehege. Statt zu Nicken ist es hier ein, sehr unentschieden wirkendes, hin und her Wackeln mit dem Kopf. Mein zweifelndes Wackeln wird sofort als Ja interpretiert und mir eine Kräuterpaste ins Gesicht geschmiert. Während die Pampe trocknet kriegt ein anderer Kunde einen Haarschnitt verpasst. Der Papps wird mit einem feuchten Schwamm runtergeholt. Noch ein paar Watschen. Eine Peelingmaske wäre angesagt, ich hätte da doch einige Pickel. Immer druff. Eine andere Pampe wird aufgetragen, als sie trocknet sehe ich wie ein alter Mann aus. Dann wird der Film abgezogen, ungefähr so wie bei einer sich häutenden Schlange oder in den Phantomas Filmen. Abschließend Eau de Cologne, Rosenduft drauf und die Rechnung. Dass es exorbitant werden würde, war mir schon klar. Dreihundertfünfzig Rupia, das sind ungefähr Fünf Euro Vierzig. Dafür kann man auch übernachten.
Da musste mein Gesicht so lange warten bis zu seiner ersten Wellnessbehandlung, dabei ist das inzwischen auch bei Männern weit verbreitet. Es sei ihm gegönnt, in den nächsten Tagen wird es viel Sonne und indischen Straßenstaub abbekommen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

na dann wird ja eine richtige beauty queen nach berlin zurückkommen. ;-)
Meister lee