Montag, 16. Mai 2011

Enfieldsorgen

Vermeidet man Freitag den Dreizehnten indem man einen Ruhetag einlegt, erwischt einen das Pech halt am Samstag danach. Hatte ich gestern entdeckt, dass hinten eine Speiche gerissen war, dauert es nicht lange, ungefähr zwanzig Kilometer den Berg hinunter, bis heute Morgen die nächste folgt. Das ist nicht schön, das Hinterrad eiert ganz schön, da sie nah beieinander den Geist aufgegeben haben. Mitten in den Bergen gibt es leider keine Werkstatt, nur kleine Dörfer wo man eher einen Maulesel beschlagen lassen kann. Klar, dass ich die Kiste nun um jede Kurve herum, über jede Kuppe hinweg und durch jedes Schlagloch hindurch trage. Vierzig Stundenkilometer höchstens. Noch mehr als sonst fürchte ich die Speedbreaker, Asphaltkanten quer über die Straße, die unvermittelt auftauchen ohne Warnschild. Nebst den ganz normalen Schlaglöchern vom Winter, Schotter und Dreckpassagen, wo Erdrutsche runterkamen oder Bäche die Straße zerrissen haben. Manchmal ist auch die halbe Straße ins Tal gefallen, aber das ist mir gerade eher egal. Auerdem mache ich mir Sorgen, wo ich Spritmäßig stehe. Es schwappt zwar noch einige Brühe im Tank, aber wie lange reicht die? Die letzte Tankstelle hatte zu. Erst später habe ich gelernt, dass der Besitzer zugemacht hat, weil die Preise in einigen Tagen angehoben werden und er seinen Vorrat lieber teurer verkauft.
Ich zittere mich 30 Kilometer weiter bis Tharali, hier soll es Sprit geben, vielleicht auch eine Werkstatt. Eigentlich eine wunderschöne Fahrt, leider ist die Straße nicht so doll. Teilweise begleiten mich Schneeberge, tief in den Tälern gibt es grüne Bergflüsse. Die Tankstelle finde ich, einmal voll bitte. Gerademal sieben Liter passen rein. Vierzehn sind es insgesamt. Die Dinger sind Sparwunder, gut dreihundert Kilomter durch die Berge bin ich seit dem letzten mal Tanken gefahren. Der Tankwart hat einen Tip für eine Werkstatt, ein Stück zurück. Dort allerdings Kopfschütteln, Speichen ham se nicht.
Ich muss weiter bis Karnaprayag, dort gibt es bestimmt jemanden, der das reparieren kann. Nochmal gut Fünfzig Kilometer, was solls, entweder es hält oder ich kann dann darüber nachdenken, wie ich mir weiterhelfe. Der Weg führt durchgehend entlang eines Flusses in einer Schlucht, eine wunderschöne Strecke. Nachmittags rolle ich in Karnaprayag ein, einem bunten und natürlich dreckigen Kaff am Zusammenfluss zweier Bergflüsse. Klappere eine Werkstatt nach der anderen ab, nach dem ich mich im Hotel eingemietet habe. Nein, Ersatzteile für Enfields, da siehts schlecht aus. In einem Kaff 10 Kilometer den Fluss runter, da bestimmt. Also nochmal auf den Bock, dort hin gezockelt. Nee, geht nicht, in Srinagar vielleicht. Wie weit wär das denn? So gut Fünfzig Kilometer flussab. Ich wollte eigentlich bergauf. Nun, heute wird das eh nix mehr. Mein Vermieter redet davon, dass fünfzig Kilometer flussaufwärts eine Markt für Motorradteile wäre, da könnten sie bestimmt Enfields reparieren. Er wollte mal da anrufen. Ja danke, bleibt nur leider beim wollen, konkretes kommt nicht mehr von ihm.
Später spaziere ich durchs Dorf, recht buntes Treiben auf der Hauptstraße, Kühe auf der Flussbrücke, ein scharfes Tandooriehuhn gönne och mir in einer dreckigen Spelunke, in der sich die Insassen den Sprudel mit Fusel auffüllen. Dann entdecke ich eine letzte unscheinbare Werkstatt mit einem alten Mann. Sein Englisch ist nicht großartig aber ein Inder hilft beim Übersetzen, ja er könnte das reparieren. Ich habe meine Zweifel, aber werde morgen früh um Acht dort sein. Wir sehen...

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