Freitag, 20. Mai 2011

White Album

Leider gings mir dort oben nicht so gut, die Verdauung streikte, wollte den Papps aus Bohnen, Linsen, Reis, Erbsen und Butter nicht mehr verarbeiten. Das lag mir dann alles im Magen herum. Und an Kälte bin ich auch nicht mehr gewöhnt, entsprechend setzten mir die eisigen Temperaturen zu. Dazu war das Dorf ein einziges Gewimmel, Gehupe und Gequalme aus hunderten von Auspüffen, der Besitzer der Unterkunft, selbst für indische Verhältnisse, reichlich unhöflich.
Ich wollte wieder ins Warme. Das Motorrad rollte also wieder den Berg hinunter, einen Abstecher auf reichlich staubiger und mieser Straße habe ich gemacht um wenigstens einen Blick auf den Nanda Devi, schön weiß und hinter anderen Bergen versteckt, zu werfen.
So übel ist die Straße auch den Weg zurück nach Karnaprayag, Landslides, Wasser, Matsch, Staub. Dazu Inder, die mich fröhlich von der Straße drängen, zumal wenn sie sich ein teures ausländisches SUV leisten können. Den nächsten Tag geht es weiter flussabwärts bis Rishikesh, Hippietraum, heilige Stadt am Ganges und Yogamekka. Die Beatles waren schon hier.
Etwas Freakspotting, man setzt sich in die German Bakery an der Hängebrücke und sieht dem vorbeiziehenden Volk zu. So viele Freaks gibt es gar nicht, das Meiste sind indische Touristen die sich fotografieren und Krach machen. Besonders berührt ob der Heiligkeit des Ortes und Flusses scheinen sie nicht. Souvenierläden mit handgewebten Wollschals aus hundert Prozent Synthetik gibt es genug, Schmuckläden, Messingnippes. Und natürlich eine Yogaschule an der anderen, große Aschrams in denen die Weisheit Indiens erworben wird, bunte Tempel mit unsagbar kitschigen Gipsgötterfiguren.
Die Westnasen, denen ich begegne marschieren denn auch mit grimmigem Ernst durch die Straßen, weiss wie die Kalkleisten und offensichtlich in ein strenges Curriculum aus Yoga und Artverwandtem eingebunden. Bsonders glücklich wirkt kaum jemand, deutlich durchgeknallt der Bursche mit ein paar um die Hüften gewickelten orangen Tüchern und Crocs, der die ganze Zeit ungefragt und aufgeregt mit deutschem Akzent seine Weisheit über die Heiligkeit des Ganges, diverse Zeremonien, die Götter im Allgemeinen verbreitet und den Indern ihre eigene Kultur erklärt. Immerhin findet er unter den angejahrten oder auch jüngeren Yogaladys die betont aufrecht herumsitzen und versuchen, erlöst zu gucken, immer wieder geduldige Zuhörerinnen, die sich womöglich noch aus der Hand lesen lassen, bevor er vom Cafebesitzer wieder rausgeschmissen wird.
Ich gönne mir ein paar Ruhetage, lasse das Moped warten, mich mit Ayurveda vollschmieren, genieße annehmbaren Kaffee und Kuchen. Die meisten Leute stöhnen über die Hitze, ich merke sie gar nicht so sehr, nur nachts im etwas stickigen Zimmer schwitze ich. Ich habe ein Restaurant mit schönem Blick auf den Ganges, wenn man von den ins Bild hängenden Armierungseisen und Betonbrocken absieht, zu meiner Stammkneipe gemacht. Sogar Bier organisieren mir die Jungs dort.
Eines Abends kommt ein alter Freak herein, langes weißes Gewand, ebensolcher Bart, schicker Hut dazu, nicht ungepflegt, Neuseeländer. Offensichtlich ein Langzeitbewohner Indiens, jedoch einer, der sich eingerichtet hat. Ich biete ihm einen Stuhl an, er fängt an zu erzählen. Von den indischen Zeitaltern, dem derzeitigen des Zerfalls von Anstand und Ordnung, der Wiederkehr Shivas vor siebentausend und dreitausendfünfhundert Jahren der nun wieder seit einigen Monaten auf Erden wndelt und wirkt in der Gestalt eines neuen Gurus aller Gurus, der instant Erleuchtung gewähren kann oder langjährigen Saddhus ihre nehmen kann und dem er anhängt, seine Wiederkehr verkündend;  nahenden apokalyptischen Naturkatastrophen ungesehenen Ausmaßes schon im kommenden Jahr, der Auslöschung eines Drittels der Menscheit, denen natürlich, die nicht lernen wollen und der Errichtung einer idealen Gesellschaft innerhalb der folgenden zehn Jahre. Sollte man in Kontakt mit dem neuen Guru treten wollen, müsse man in Meditation ein bestimmtes Mantra rezitieren. Das schreibt er mir auf, dann verabschiedet er sich wieder.
Wow, dafür kommt man nach Rishikesh.

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