Mittwoch, 25. Mai 2011

Schön und feucht

Auf gehts wieder, ich habe mir diesmal auf der Karte eine nett aussehende, schlängelige Nebenstraße ausgeguckt, die mich weiter gen Norden nach Mandi bringen soll. Man könnte die Hauptstraße nehmen, aber da wäre viel Verkehr, wenig Landschaft und hässliche Gebäude auf beiden Seiten.
Diese Straße ist dagegen ein Volltreffer, eine der schönsten Strecken bisher. Dazu in gutem Zustand, schmal, kurvig und durch schöne Gebirgslandschaft. Man muss sich ostwärts aus Shimlas Dauerstau schaufeln, dann biegt man in Richtung Mashobra ab. Zunächst geht es langsam abwärts entlang einem mit Kiefern bestandenen Berghang mit schönem Blick in die Täler. Der wird später spektakulärer, als ein breiter Gebirgsfluss braune Wassermassen talwärts wälzt. Es geht bis zu ihm hinunter, dann klettert man durch Schluchten und Täler wieder aufwärts. Das Benzin explodiert gleichmäßig in den dreihundertfünfzig Kubikzentimetern, also etwa einer Coladose, und zieht mich und den Eisenhaufen die Hänge hinauf. Später gibt es Waldtäler wie im Erzgebirge, Felswände an die die Straße geklebt ist, große Findlinge und nette Häuschen zwischen terrassierten Feldern. Ich würde gerne mehr trödeln, aber es brauen sich Gewitterwolken zusammen und es rumpelt vernehmlich. Prompt fängt es vierzig Kilomter vor Mandi hoch oben in den Bergen mächtig an zu tröpfeln. Ich halte unter einer großen Kiefer, Zeit mich in meinen indischen Regenpyjama in bordeaux-schwarzem Pepita zu zwängen. Der Reißverschluss überlebt seine erste Benutzung nicht. Das Material ist sogar wasserdicht, die Nähte dagegen sind reine Flutkanäle die die Ströme schön in die Sitzpartie leiten. Meine Schuhe sind bequem, gut zum Wandern, rutschfest, eigentlich prima, wasserdicht sind sie nicht. Sie saugen begierig das erfrischende Nass auf und bewässern großzügig meine Zehen. Immerhin gibt mir der Gummianzug die Illusion, geschützt zu sein und anders als die wenigen Inder, die wie üblich in Hemd und gebügelter Hose auf ihren Motorrädern sitzen und nun Schutz suchen, rolle ich weiter den Berg hinunter und ziemlich bald aus dem Schauer heraus. Die einzige Funktion, die der Anzug hat, ist zu verhindern, dass meine Jeans zu schnell wieder trocknet. Gerade als ich überlege, den Kram wieder auszuziehen, kommt der nächste Schauer, diesmal mit Hagel. Schnell bilden sich entlang der Straße Bäche, die diese alle zwanzig Meter überqueren, als könnten sie sich nicht entscheiden, auf welcher Seite sie den Asphalt unterspülen wollen. Der Vorderreifen schaufelt dieses Wasser großzügig in meine Schuhe. Bis es flacher wird, hat sich das ganze zu einem veritablen Wolkenbruch ausgewachsen. Ich hocke fluchend auf der Kiste und wünsche mir meine Motorradregenhose statt dieser Vollbewässerung im Schritt. Mit Erreichen der Hauptstraße unten im Tal, die ich für die letzten Kilomter brauche, wird es trocken, der Staub und die Sonne regieren wie eh und je. Bis ich in Mandi ankomme, ist das Meiste wieder trocken, nur die Klamotten im Rucksack sind etwas feucht.
Mandi ist ein olles Kaff, ein Polizist plustert sich auf, weil ich mich auf das Moped schwinge, um es einen Meter weiter zu schieben, wo denn mein Helm sei. Im Restaurant, dem empfohlen Besten der Stadt: no Sir, no Mangoshake, dabei steht er auf der mageren Karte und die Stadt quillt über vor Mangoverkäufern in jeder Straße. Vielleicht fehlt mir einfach etwas die Geduld heute, ich bin reichlich müde. Letzte Nacht habe ich ewig im Internet gewerkelt, um einigen vorinstallierten Mist auf dem Telefon loszuwerden. Jetzt werde ich nicht mehr täglich über das Leben der Bollywoodstars informiert. Sicherlich eine ganz spaßige Sache, wenn man genug Bandbreite hat; tuckere ich jedoch durch einsame Himalayatäler, möchte ich, dass sich jedes dort herumfliegende Byte in meine Googlemap fügt. Andererseits schon wieder pervers, dass mich Telefon und email bis dort verfolgen, man bezahlt es mit Masten auf jedem zweiten Berghang.

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